Ein Konzert der Superlative im Alten Wasserwerk: Djangos Friends aus Braunschweig boten hochkarätigen Gypsy-Swing

 

Am Anfang des zweiten Sets kam der unabdingbar ultimative Befreiungsschlag. Es hielt mehrere KonzertbesucherInnen nicht mehr auf den Sitzen. Sie nutzten den knappen Raum hinter der letzten Stuhlreihe im gut besetzten Wasserwerk, um ihre Gemütslage endlich auch tänzerisch ausleben zu können. „Djangos Friends’“ phänomenaler Gypsy-Swing hatte Wirkung gezeigt und Besitz von Körper und Geist ergriffen. Keine Warm-up-Phase, sondern toppräsent und fesselnd vom ersten Ton an.

 

Django Reinhardt, das lässige Drei-Finger-Genie, entwickelte auf Grund eines Unfalls, in dessen Folge nur noch drei Finger seiner linken Hand funktionierten, in den 40er-Jahren eine völlig neue und hochvirtuose Gitarren-Spieltechnik und steht für die Eigenständigkeit des frühen europäischen Jazzbewusstseins. So wie Amerika Louis Armstrong oder Charlie Parker hatte, so bewies Django Reinhardt, dass improvisierte Musik auch in der Alten Welt ihre Wurzeln haben konnte. Sein Musikstil stand unter dem Einfluss verschiedener Traditionen, wie der Walzer-Folklore der Musette, dem swingenden Beat der Dreißiger, der Sinti-Musik oder Flamenco-Elementen.

 

Django Reinhardts musikalische Virtuosität und Genialität zum elementaren Bestandteil seiner eigenen Musik zu machen, setzt eine perfekte Beherrschung der Gitarre voraus. Michael Kujawa hatte seine diesbezügliche Souveränität und sein großes Können bereits als erster Preisträger diverser internationaler Wettbewerbe unter Beweis gestellt. Im Alten Wasserwerk nun brannte er ein musikalisches Feuerwerk mit nahezu unerschöpflichen Ideen und Melodien ab, überaus virtuos und voll interessanter Klangeffekte. Carsten Giere unterstrich die Wichtigkeit der Rhythmusgitarre in einem solchen Kontext – immerhin ohne Schlagzeug – durch seine brillant gespielten Schlagmuster, ob filigran oder eher perkussiv. Heinrich Römisch am Kontrabass bereitete das perfekte Fundament, entlockte dem Publikum mit seinen virtuosen Soli wiederholt Begeisterungsstürme und unterstrich, dass er zu den Topbassisten Braunschweigs gehört.

 

Ein Abend der Superlative: super Musik, super Publikum, super Stimmung. Und wieder einmal ein Beispiel, dass sich Musiker, die in mancher Großstadt große Konzertsäle füllen, immer wieder auch den Weg auf die Kleinkunstbühne suchen und sich beeindruckt zeigen von einem Publikum, das ganz nahe ist und seiner Begeisterung in der Weise freien Lauf lässt wie beim Konzert von „Djangos Friends“ beim Algermissener Kulturbrunnen. Langanhaltender gegenseitiger Applaus.

 

Text und Fotos: Hans-Jürgen Niemann